Rostocker HC: Ex-Nationalspielerin Nele Reimer geht nach fast zehn Jahren wieder für die Dolphins auf Torejagd – und genießt die Rückkehr an die Ostsee in vollen Zügen
Ob das Bad in der Ostsee nach einer schweißtreibenden Trainingseinheit, die Nähe zu ihrer Familie, das Eis am Alten Strom in Warnemünde oder das Training bei ihrem alten und neuen Verein – Nele Reimer genießt die Rückkehr in ihre Heimatstadt in vollen Zügen. Fast zehn Jahre lang war sie als Handballerin auf Achse. Mit 25 Jahren – in der Blütezeit ihrer Karriere – kehrt sie zum Rostocker HC zurück und nimmt dafür sogar den Wechsel von der Bundes- in die 3. Liga in Kauf.
„Sportlich war es sicherlich nicht die leichteste Entscheidung, aber mir sind andere Dinge neben dem Leistungssport auch sehr wichtig“, sagt die 25-Jährige. Ihr Bachelor-Studium hat sie abgeschlossen. Auch die Masterarbeit ist fertig. Anfang Oktober beginnt die Rückraumspielerin an der Uni-Klinik im Rostocker Stadtteil Gehlsdorf eine fünfjährige Ausbildung zur Psychotherapeutin.
Der Klinikalltag, die Arbeit mit Patienten und die anstehenden (Wochenend-)Seminare sind „mit der dritten Liga besser kombinierbar“, sagt Nele Reimer. Für sie war immer klar, dass sie nach dem Studium wieder an der Ostsee leben und arbeiten möchte.
Fürs Erste ist sie bei ihren Eltern untergekommen. Nele und ihr Bruder Erik Reimer, der beim HC Empor Rostock spielt, sind auf Wohnungssuche. „Wir nennen sie Reimer-Reimer-Chaos-WG“, scherzt die Torjägerin, die Spaß am Wellenreiten, Stand Up Paddling, Windsurfen und Snowboarden hat.
Angenehmer Nebeneffekt ihrer Rückkehr: Auch Neles Großeltern („Sie sind große Fans“) können nun wieder Heimspiele ihrer Enkelin besuchen, die in den zurückliegenden Jahren bei den Bundesligisten Bietigheim und Neckarsulm im rund 800 Kilometer entfernten Baden-Württemberg unter Vertrag stand.
Nele Reimer erlernte das Handballspielen beim SV Warnemünde und beim SV Eintracht Rostock. 2011 wechselte die Hansestädterin zum RHC. Zwei Jahre später heuerte Reimer beim HC Leipzig an. Die 1,80 Meter große Rechtshänderin feierte in der Messestadt ihr Bundesliga-Debüt und gewann 2016 mit dem HCL den DHB-Pokal.
In der Saison 2018/19 war Reimer mit 160 Treffern drittbeste Torschützin der ersten Liga. Am 23. März 2019 lief sie für die deutsche Nationalmannschaft auf. Es blieb bei dem einen Einsatz. Die Konkurrenz auf der „Königsposition“ im linken Rückraum ist groß.
Im Sommer 2020 schloss sie sich der SG BBM Bietigheim an, mit der sie 2021 den DHB-Pokal sowie den Supercup holte.
„Es waren superviele Highlights“, schwärmt Nele Reimer und erzählt von der U-18-WM in Mazedonien. „Ich weiß nicht, wie wir im Halbfinale Dänemark geschlagen haben, gegen die wir zuvor tausend Mal ’ne Klatsche bekommen haben, aber es waren sehr coole zwei Wochen. Die Emotionen kann man gar nicht beschreiben“, meint die Aufbauspielerin, die Erfahrung aus drei Jahren Champions League mitbringt.
„Man sieht Stine Bredal Oftedal, den norwegischen Superstar, im Fernsehen und denkt, die ist so toll – und dann spielt man gegen sie …“, erzählt Nele Reimer. „Ich habe sie einmal berührt und gleich eine Zwei-Minuten-Strafe gekriegt“, fügt sie hinzu und lacht.
Die Zeit als Profi möchte sie nicht missen. „Ich habe jetzt Freunde auf der ganzen Welt.“ Bietigheims Torhüterin Gabriela Moreschi hat die Rostockerin bereits in ihre brasilianische Heimat eingeladen. Mit der Schweizer Nationalspielerin Chantal Wick war die Rostockerin im Urlaub an der portugiesischen Westküste. „Sie spielt jetzt für Ajax Kopenhagen. Sobald wir ein freies Wochenende haben, werde ich sie besuchen“, verspricht die Rückraumspielerin, die in der abgelaufenen Spielzeit bei der Sport-Union Neckarsulm aktiv war.
Eine Schulterverletzung sorgte für das abrupte und vorzeitige Saisonaus. Derzeit arbeitet Reimer an ihrem Comeback. Seit drei Wochen trainiert sie mit den Dolphins. Beim Betreten der Fiete-Reder-Sporthalle fühle sich alles an, „als wäre man nicht weg gewesen“, erzählt die Mecklenburgerin. „Der Hallenboden ist neu, aber der alte Charme ist geblieben.“ Der Kabinen sind dieselben wie früher, der Weg zur Dusche vertraut. „Irgendwie hat sich nicht wirklich etwas verändert.“
In der 3. Liga ist Nele Reimer ein Star ohne Allüren – bodenständig, aufgeschlossen, sympathisch. Der erste Eindruck von den Dolphins sei gut, sagt sie: „Die Mannschaft hat großes Potenzial, und Trainer Dominic Buttig setzt auf ein schönes Spielsystem mit viel Tempohandball.“
Ab November möchte sie auf dem Feld mitmischen. „Ich freue mich darauf, wieder das Rostocker Trikot zu tragen. Das verbinde ich mit Zuhause.“
Stefan Ehlers (OZ)
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